Gokai – Eine “Anleitung zum Glücklichsein”

Ach Mist, schon wieder eine rote Ampel, und dann auch noch dieser unerträglich langsame Autofahrer vor mir, wo ich doch ohnehin schon spät dran bin… Und dann diese Fußgänger – können die nicht schneller über die Straße gehen?? Schlendern da gemütlich vor sich hin, andere Leute müssen arbeiten um die Uhrzeit, eine Riesenfrechheit ist das…

Hoffentlich fällt es dem Chef nicht auf, dass ich mal wieder zu spät komme, er ist ohnehin schon sauer auf mich wegen dieser anderen Sache… Schaut mich seit einer Woche ganz komisch an… Ich hätte doch besser den Mund halten sollen. Wenn ich bloß nicht meinen Job deswegen verliere, das wäre die absolute Katastrophe… Nicht das auch noch…

Mich freut mein Job ja ohnehin nicht, aber von irgendetwas muss man schließlich leben… Tagein tagaus dasselbe, hinter dem Schreibtisch sitzen und warten, dass es endlich Feierabend wird… Unzufriedene Kunden, denen ich es nicht Recht machen kann, und ein Chef, dem sowieso nichts passt, was ich denke oder tue… Und den Kollegen übrigens auch nicht…

Apropos Kollegen: Die gehen mir erst so richtig auf die Nerven… Tratschen stundenlang über Belanglosigkeiten, richten Verwandte, Nachbarn und natürlich Kollegen aus, und das auch noch während der Arbeitszeit… Haben die nichts Besseres zu tun?? Und dabei noch diese Überheblichkeit, mit der sie über andere herziehen… Widerlich ist das und ekelhaft…

“Die geheime Kunst, das Glück einzuladen”

Kommt dir das eine oder andere davon bekannt vor? Kannst du vielleicht sogar buchstäblich ein Lied davon singen? Dann freut es mich sehr, dich mit den “Gokai” bekanntmachen zu dürfen – einer “Anleitung zum Glücklichsein”, oder wie Reiki-Begründer Mikao Usui es seinerzeit formuliert hat: “Der geheimen Kunst, das Glück einzuladen”…

“Go” bedeutet auf japanisch fünf, und “Kai” könnte man mit Regeln bzw. Prinzipien übersetzen – wobei mir persönlich der Begriff “Prinzipien” wesentlich mehr zusagt, ich hatte es noch nie so mit Regeln, in welcher Form auch immer… Außerdem, und das sei mal vorweg erwähnt, gibt es keine “Strafe” für die Nicht-Einhaltung dieser Prinzipien…

Ich selbst wäre ja nie auf diese Idee gekommen, aber ein Jikiden Reiki Schüler hat mich vor einigen Jahren eines Besseren belehrt: “Wenn es keine Strafe bei Nicht-Einhaltung gibt, dann sind diese Regeln doch nichts wert…” Ich würde es anders formulieren: Man muss diese Regeln nicht einhalten, doch wer es nicht tut, ist selbst schuld… 😉

Warum? Sieh selbst – so lauten sie:

Gokai

So weit so gut. Enttäuscht, wie einfach es ist? Dann versuch mal, es im täglichen Leben umzusetzen – kyo dake wa, nur heute, dafür aber in jedem einzelnen Moment… Beim Autofahren, am Weg zur Arbeit, in der Arbeit selbst, den unzufriedenen Kunden, dem Chef und den Kollegen gegenüber… Und plötzlich hat jede Zeile es so richtig in sich…

“Kyo dake wa” – japanisch für “Nur heute”… 

Allein daran scheitern wir alle in den allermeisten Fällen, und zwar den Großteil unseres wachen Tages lang… Beobachte dich selbst: Wie oft bist du tatsächlich zu 100 Prozent, nicht nur körperlich, sondern auch gedanklich im Hier und Jetzt? Und nicht in Gedanken bei dem, was war, oder dem, was sein wird, was du getan hast oder demnächst noch alles zu tun ist… Dabei gibt es lediglich einen einzigen Tag im Jahr, an dem wir etwas tun können, nämlich genau “nur heute”…

“Ikaruna” – japanisch für “Sei nicht ärgerlich”

Ärger ist eine Emotion, die uns sehr viel Energie raubt und meist das Gegenteil davon bewirkt, was wir gern hätten: Wenn wir dem unerträglich langsamen Autofahrer vor uns auf die Pelle rücken, steigt er aus Protest auch noch auf die Bremse, und wir ärgern uns noch mehr, bis wir fast daran ersticken. Ihm ist es egal, er fühlt sich sogar noch im Recht, und wir geben unseren Ärger schon im nächsten Moment an den nächstbesten Menschen weiter, der uns über den Weg läuft, egal ob er etwas damit zu tun hat oder nicht…

“Shinpai suna” – japanisch für “Sorge dich nicht”

Wenn wir es schon mal geschafft haben, uns gerade nicht zu ärgern, dann haben wir viel übrige Zeit, um uns über alle möglichen Dinge zu sorgen. Die Familie, die Haustiere, den Job, das Haus, den Klimawandel, den Weltfrieden… Auf diese Weise schaffen wir es ebenfalls, den unmittelbaren Kontakt zum Hier und Jetzt erfolgreich zu unterbinden – und dabei gemäß dem Gesetz der Anziehung womöglich auch noch gerade das zu erreichen, was wir auf gar keinen Fall wollen, worüber wir uns ja sorgen…

“Kansha shite” – japanisch für “Sei dankbar”

Bingo! So einfach und banal es auch klingen mag: Das ist der Schlüssel, die Lösung, nach der wir alle suchen! Beobachte dich selbst: Im Zustand der Dankbarkeit ist es völlig unmöglich, dich zugleich zu ärgern oder zu sorgen. Dann bist du tatsächlich angekommen im Hier und Jetzt, ohne Wenn und Aber, ohne Ärger über die Vergangenheit oder Sorge über die Zukunft… Dieses Gefühl der Dankbarkeit gilt es zu kultivieren in “guten” Zeiten, um es abrufbar zu haben auch in jenen Zeiten, wo mal wieder alles ganz und gar nicht so läuft, wie wir es gern hätten… Wobei: wer sagt denn, dass das, was wir gern hätten, auch tatsächlich das Beste für uns ist?

“Gyo o hageme” – japanisch für “Erfülle deine Pflichten aus vollem Herzen”

Mal ehrlich – es gibt “Pflichten”, die sagen uns so ganz und gar nicht zu. Kloputzen zum Beispiel, oder unzufriedene Kunden abwimmeln, oder Rechnungen bezahlen… Und trotzdem wollen sie erledigt werden, gehören zum Leben ganz einfach dazu. Mit manchen dieser Pflichten kannst du dich vielleicht anfreunden, sie von einer anderen Seite betrachten und auf ihre Art liebgewinnen, bis du sie tatsächlich aus vollem Herzen erfüllst. Die anderen gibst du besser ab – an die Putzfrau, den Ombudsmann oder den reichen Erbonkel… 😉  So schaffst du dir Raum und Zeit, dich um das zu kümmern, was tatsächlich dein Auftrag im Leben ist, und lernst, deine persönlichen Aufgaben aus vollem Herzen anzunehmen und zu erfüllen. Und vielleicht wird dann ja sogar Kloputzen zur angenehmen Meditation für dich…

“Hito ni shinsetsu ni” – japanisch für “Sei nett zu deinen Mitmenschen”

Je besser es dir gelingt, die vorangegangenen Anregungen in deinem täglichen Leben umzusetzen, umso leichter wird dir dieser letzte Punkt fallen. Wenn du erst erkannt hast, wie sinnlos Ärger, Sorge und Frust sind, weil alles, was dir unterkommt, deinem persönlichen Fortschritt dient, dann bleibt nur noch eins: Gib die Dankbarkeit weiter! Sei nett, mitfühlend, liebevoll, etc. zu den unzufriedenen Kunden, dem Chef und den Kollegen… Und womöglich erlebst du dabei sogar noch die eine oder andere Überraschung…

Also alles ganz einfach, oder? 😉

Zugegeben – am Anfang vielleicht noch nicht, mit ein bisschen Übung aber allemal. Ich selbst bin das beste Beispiel dafür. Der langsame Autofahrer vor mir bringt mich heute nicht mehr zur Weißglut, sondern zum Lächeln über mich selbst, weil er mir zeigt, wie sinnlos mein selbstgemachter Stress mal wieder ist, und wie gut es tut, ganz bewusst einen Gang zurückzuschalten und zu entschleunigen…

Morgens und abends – sowie im Anlassfall…

Mikao Usui empfiehlt, die Gokai morgens und abends zu rezitieren, am besten “laut und in deinem Herzen” – damit du beim Aufstehen bereits daran denkst, was es “nur heute” zu beherzigen gilt, und damit du dich beim Schlafengehen nicht weiter ärgerst, dass du dich geärgert hast und dich nicht weiter sorgst, weil du dich gesorgt hast… Abgesehen davon: morgen hast du “nur heute” die Chance, es besser zu machen, kyo dake wa, in jedem einzelnen Augenblick…

Ich empfehle darüber hinaus, die Gokai auch jedes Mal dann zu Hilfe zu nehmen, wenn wieder mal jemand mit deinem persönlichen “roten Tuch” vor deiner Nase herumwedelt. Dann klappt´s auch mit dem langsamen Autofahrer vor dir, den Fußgängern, dem Chef, den unzufriedenen Kunden und sogar den Kollegen… 😉

Natürlich gibt es keine “Strafe” im klassischen Sinn, man erstarrt nicht zur Salzsäule und wird zum Glück auch nicht vom Blitz erschlagen, wenn es mal nicht gelingt, die Gokai im täglichen Leben umzusetzen. Aber die Herangehensweise, für die wir uns in einer Situation entscheiden, hat ihre Auswirkungen, und die können entweder angenehm oder unangenehm ausfallen – für uns und alle anderen in unserer Umgebung…

Die Gokai sind kein “Regelwerk” wie etwa die 10 Gebote, wo Zuwiderhandeln mit Strafe geahndet wird, sondern sie sind ein konkretes Werkzeug für konkrete Herausforderungen des täglichen Lebens, bieten Hilfe und Unterstützung auf genau dem Weg, den sie vorgeben: einen Weg zu mehr Glück und Zufriedenheit – für uns und alle anderen in unserer Umgebung. Kyo dake wa – nur heute…

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